Corsage – Sisi so nah wie nie
Fr, 29.11. | 3:35-5:25 | SF1
Drama, Österreich/Luxemburg/Deutschland/Frankreich 2022
Stoisch und mit eingefrorenem Lächeln absolviert Kaiserin Elisabeth (Vicky Krieps), genannt Sisi, ihre repräsentativen Pflichten. Sie fällt auch mal in Ohnmacht, um sich diesen zu entziehen – und um danach mit ihrem Liebhaber Ludwig II. (Manuel Rubey) über die Situation zu lachen.
Sisis 40. Geburtstag wird an Weihnachten 1877 in glanzvollem Rahmen begangen, doch sie ist in stiller Verzweiflung überzeugt: «Ein Mensch von vierzig Jahren löst sich auf». Stets im Mittelpunkt des höfischen Interesses und kritisch beäugt von der Klatschpresse hat sie ihr Leben lang das Bild der eleganten, schönen Frau mit der Wespentaille hochgehalten. Dazu folgte sie stets einem rigiden Plan aus Hungern, Sport, Frisieren und täglichen Messungen der Taille. Ihr Mann Kaiser Franz Josef (Florian Teichtmeister) hatte ihr nie eine andere Rolle zu als die der perfekten Repräsentationsfigur zugestanden.
Nach 20 Jahren als Kaiserin von Österreich-Ungarn ist Sisi rastlos und verunsichert, sie fragt sich, was sie noch wert ist. Auf dem Hofe in Wien scheint sie von Tag zu Tag abwesender. Unruhig verlässt sie den Hof und reist nach England und Ungarn. Während ihrer Reise besucht sie ehemalige Liebhaber und politische Verbündete und lässt ihre wilde und ausgelassene Jugendzeit wieder aufleben. Und sie entwickelt einen Plan, um ihr Vermächtnis zu schützen.
Aus der Reihe der Film- und Serienproduktionen, die sich in den letzten Jahren mit dem Leben der weltberühmten Kaiserin von Österreich-Ungarn befasst haben, sticht Marie Kreutzers Sisi-Film «Corsage» mit Vicky Krieps in der Hauptrolle heraus: Kreutzer, verantwortlich für Regie und Drehbuch, konzentriert sich auf die alternde Kaiserin und ihren vergeblichen Kampf gegen eine sie einengende Gesellschaft und einen Mann, der ihr keine Position zugesteht. Hinter der beinahe leblosen Fassade, die am Anfang des Films gezeigt wird, steckt eine wilde und lebenslustige Frau. Der Mythos der Märchenprinzessin, wie ihn die drei Filme aus den 1950er-Jahren mit Romy Schneider geprägt haben, wird dabei auf subtile, aber auch immer wieder witzige und manchmal auch irritierende Weise demontiert. Die Irritationen geschehen auch auf Bild- und Tonebene mit Hilfe zeitgenössischer Anachronismen wie etwa dem Rolling-Stones-Song «As Tears Go By».
Vicky Krieps gibt der Kaiserin eine ganz neue aufregende Aura, mühelos wechselt sie von apathisch zu spitzbübisch und zeigt ein vielschichtiges Bild einer modernen Frau. Für ihre Darstellung wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis als beste Darstellerin 2022, als beste Darstellerin in «Un certain regard» bei der Premiere des Films in Cannes, sowie dem österreichischen Filmpreis. Insgesamt gewann Marie Kreutzers «Corsage» 14 Auszeichnungen und wurde für 40 weitere nominiert.
in Outlook/iCal importieren