Radiokolleg Der österreichische Journalismus im Dritten Reich (2)

Di, 18.06.  |  9:30-9:45  |  Ö1
Ernst Molden: zwischen Widerstand und Anpassung

Ernst Molden war ein leidenschaftlicher Historiker, der nach seinem Studienabschluss lieber an der Universität gelehrt hätte, als in einer Redaktion zu schreiben. Doch nach dem Ersten Weltkrieg bot sich Molden keine andere Möglichkeit, als Redakteur der „Neuen Freien Presse“ zu werden, denn Geschichtslehrstuhl war keiner zu bekommen. Innerhalb weniger Jahre stieg Molden, der als talentierter politischer Analyst galt, zum stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung auf.In den 1930er Jahren galt Ernst Molden als Befürworter des Austrofaschismus und knüpfte in dieser Zeit auch wichtige Kontakte, die ihm später weiterhelfen sollten. Im März 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, wurde Ernst Molden aus der Redaktion entlassen. Das Schriftleitergesetz, dass im Juni 1938 dafür sorgte, dass Journalisten aus rassistischen oder politischen Gründen nicht mehr arbeiten durften, hat für Molden „schnell zu einem Berufsverbot“ geführt, erzählt sein Enkel, der Historiker Berthold Molden. Durch seine im Austrofaschismus geknüpften Kontakte zum Kurzzeitkanzler Arthur Seyß-Inquart erhielt Molden einen Archivarsjob bei der Wirtschaftszeitung „Europakabel“, die in Amsterdam produziert wurde. Er zog mit seiner Frau daraufhin in die Niederlande. Nach einigen Jahren kehrte Molden zurück nach Wien, wo er sich dem „Provisorischen österreichischen Nationalkomitee“ anschloss, einer Widerstandsgruppe. Im Jahr 1945 wurde er aufgrund seines Widerstandes von der Gestapo inhaftiert. „Dort kam es auch zur Folter“, erzählt sein Enkel über die Haft. Bei seiner Freilassung im April 1945 zeichnete sich die Niederlage der Nationalsozialisten bereits ab. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs machte sich Ernst Molden an die Gründung der Zeitung „Die Presse“, deren Chefredakteur er auch bis zu seinem Tod 1953 blieb.

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