Punkt eins Russlands Verwandlung – vor der Revolution
Do, 21.11. | 13:00-13:55 | Ö1
Das größte Land der Erde hat in den letzten Jahrhunderten gewaltige Umwälzungen erfahren. Der Historiker Jörg Baberowski beschreibt sie auf den 1.370 Seiten seines aktuellen Buchs „Der sterbliche Gott. Macht und Herrschaft im Zarenreich“: die monumentalen Veränderungen schon vor der Russischen Revolution von 1917, beginnend mit den Reformen Peters I. an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Der Aufklärer war entschlossen, Russland aus der Unterlegenheit gegenüber anderen Ländern Europas herauszuführen – mit Gewalt. Langwierige Kriege forderten enorme Opfer, das Militär veränderte das Leben von Millionen Menschen, zugleich wurde die Leibeigenschaft verschärft – die in Russland erst 1861 abgeschafft wurde. Städte nach europäischem Vorbild wurden angelegt; inmitten von Sümpfen ließ der Zar die neue Hauptstadt Sankt Petersburg errichten, dabei starben rund 100.000 Menschen durch Unfälle, Krankheiten und Erschöpfung.Der Kontrast zwischen Reform und Unterdrückung, Fortschritt und Rückständigkeit sollte Russland weiterhin prägen. Die Industrialisierung veränderte gegen Ende des 19. Jahrhunderts in kurzer Zeit das Gesicht des riesigen Reichs – die Staatsmacht blieb dagegen autoritär organisiert. Herrschaft wurde von konservativen religiösen und nationalen Strömungen begleitet, zugleich von sozialrevolutionären Bewegungen herausgefordert, charakteristischerweise mit dem Mittel der Gewalt. Die Studie lässt auch darüber nachdenken, wie sich Herrschaft und Gewalt nach der bürgerlichen, dann bolschewistischen Revolution fortsetzten, sowohl unter der kommunistischen Herrschaft in den rund 70 Jahren der Sowjetunion wie auch im heutigen Russland. Auf der Buch Wien spricht Johann Kneihs mit Jörg Baberowski über die Möglichkeiten, ein Land und eine Gesellschaft zu verstehen, die – von außen wie im Inneren – oft mystifiziert worden sind.Reden Sie mit im Publikum der Buchmesse, telefonisch live während der Sendung unter 0800 22 69 79 und schreiben Sie uns ein E-Mail an punkteins(at)orf.at
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