Science Arena Leben wir in einem neuen Biedermeier?

Mo, 09.12.  |  16:05-17:00  |  Ö1
„Als Biedermeier wird die Zeitspanne vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848 in den Ländern des Deutschen Bundes bezeichnet.“ Der Begriff selbst sei allerdings erst einige Jahre später entstanden. Namensgebend wäre die spießbürgerliche Fiktions-Figur Gottlieb Biedermaier gewesen. Die entsprechende Phase im 19. Jahrhundert werde oft mit dem Etikett „hausbacken“ oder „konservativ“ versehen, heißt es in entsprechendem Wikipedia-Artikel. Diese Sendung will weit über einen Enzyklopädie-Eintrag hinaus, tiefer in die Ursachenforschung ein- und dabei in der Gegenwart aufgehen. Auch demütige – im Sinne von wissend, was Prognosen können und was nicht – Blicke in die Zukunft sollen geworfen werden.Prognosen können nämlich noch etwas: die Stimmung in einer Gesellschaft prägen. Wie im 19. Jahrhundert durchleben wir auch heute eine Reihe gesellschaftlicher Umbrüche. Wie im 19. Jahrhundert zirkulieren Verunsicherungen bis zu Weltuntergangsängsten. Und wie im 19. Jahrhundert suchen immer mehr Menschen Halt im Rückzug ins Private. In eine Sphäre, die sie hoffen, vollends beherrschen zu können, in einer Zeit des gefühlten Kontrollverlusts den äußeren Umständen gegenüber. Studien und Umfragen zeigen: gerade Jugendliche sehnen sich wieder nach Bewährtem: Eigenheim, Familie, Attraktivität.Gehegt und gepflegt wird diese Attitüde auch von diversen digitalen Angeboten. Dort wird man in der eigenen Blase geliked und wenn man will auch in separaten Spaces gesafed. Fragt man automatisierte maschinelle Rechenmodelle – fesch angepinselt auch „Künstliche Intelligenz“ genannt – nach der eigenen Person, so erntet man rein Positives. Selbst das Negative wird in Anerkennung umgewandelt. Damit kann sich nicht nur das humane Wesen im eigenen Lichte sonnen – ebenso die Technik wird liebgehabt und damit auch weiterverwendet.

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