Der verschwundene Van Gogh
Van Goghs legendäres "Bildnis des Dr. Gachet" wurde 1990 für 82 Millionen Dollar versteigert und gilt seitdem als verschollen. Was ist mit dem berühmten Werk der Kunstgeschichte geschehen?
Diese Frage führt zu einer Recherche von den USA über Frankreich bis nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz. Über Kontinente und Jahrzehnte hinweg lebt die spannende und wechselvolle Geschichte des Bildes wieder auf.
Sechs Wochen vor seinem Tod porträtierte Vincent van Gogh 1890 in Auvers-sur-Oise bei Paris seinen Nervenarzt Paul Ferdinand Gachet, den er – wie er in einem Brief an seinen Bruder schrieb – für mindestens "ebenso krank" hielt wie sich selbst. Van Gogh hat mit dem Bild den Zeitgeist eingefangen und zugleich ein zeitloses Meisterwerk geschaffen. Der Ausdruck von Weltschmerz und Melancholie macht das Gemälde zu einer Ikone der Kunstgeschichte.
Anfang des 20. Jahrhunderts fand das berühmte Porträt seinen Weg nach Deutschland und wurde Teil der Sammlung des Städel Museums in Frankfurt am Main – das erste öffentliche Museum weltweit, das ein Van-Gogh-Gemälde erwarb. Doch die nationalsozialistische "Aktion Entartete Kunst" führte zur Beschlagnahmung des Bildes, und Hermann Göring nutzte den Verkauf zur Kriegsfinanzierung.
Fast auf den Tag 100 Jahre nach seiner Entstehung wurde das "Bildnis des Dr. Gachet" in New York als damals bisher teuerstes Gemälde versteigert, bevor es in einer privaten Sammlung vor den Augen der Öffentlichkeit verschwand. Wo ist es geblieben? Die, die es wissen, wollen nicht darüber reden.
Der New Yorker Kunsthändler David Nash sagt: "Das Bild wurde für den Kunstmarkt geschaffen. Irgendwann landen solche Werke wieder in Museen, aber bis dahin verschwinden sie oft in privaten Händen." Auch die Kunsthistorikerin Cynthia Saltzman, deren jahrzehntelange Recherche tief in die Geschichte des Bildes eintauchen lässt, ist überzeugt, dass das Gemälde eines Tages wiederauftauchen wird: "Es wird wieder zu sehen sein. Ich bin davon überzeugt, aber vielleicht nicht zu meinen Lebzeiten."
Die Dokumentation "Der verschwundene Van Gogh" geht nun Hinweisen auf den Verbleib des Bildes nach und zeigt dabei nicht nur die Auswüchse des weltweiten Kunsthandels, sondern beleuchtet auch die emotionalen Bindungen, die Menschen zu diesem Werk aufgebaut haben. So wie die Ex-Polizistin Rolanda Ricardez, die in Kalifornien lebt und eine Kopie des Bildes besitzt. Sie sagt: "In meinem Herzen wird es immer das Original sein. Mein Van Gogh." Ihre Geschichte zeigt, wie stark dieses besondere Kunstwerk das Leben von Menschen bis heute prägt.
Zeitgenössische Künstler wie der Maler Norbert Bisky fühlen sich durch das "Bildnis des Dr. Gachet" noch immer inspiriert und verweisen auf die zeitlose Faszination von Van Goghs Werk: "Ich suche immer nach Posen, die eine innere Bewegung widerspiegeln – das ist nicht einfach zu finden."
Die Dokumentation führt von Vincent van Goghs letzter Lebensstation in Auvers-sur-Oise über die Auktionshäuser New Yorks in die Kunstwelt von Paris und Frankfurt bis an einen Schweizer See und erzählt eine Geschichte von Kunst, Macht und Besitz, die bis heute nicht abgeschlossen ist.
"Der verschwundene Van Gogh" ist bereits ab Freitag, 28. November 2024, 6.00 Uhr, in der ZDFmediathek verfügbar.
Kamera: Tobias Winkler
Buch: Stefan Koldehoff
Regie: Johannes Nichelmann
Drehbuch: Johannes Nichelmann
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