Unser Dorf

Di, 10.12.  |  0:10-1:50  |  SF1
Zweikanalton  Alter Schweizerfilm, Schweiz/Grossbritannien 1953
Friede, Freude, aber auch stille Sorgen und Probleme im Pestalozzidorf in Trogen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Nöte eines deutschen Mädchens und eines polnischen Knaben stehen stellvertretend für viele. Regie in diesem Praesens-Film-Klassiker führte Leopold Lindtberg. Mit Sigfrit Steiner.

Das Kinderdorf in Trogen zu Beginn der 1950er-Jahre. Unter dem Leiter Heinrich Meili (Sigfrit Steiner) findet die kompakte, aber auch recht labile Gemeinschaft junger, exilierter Europäer immer mehr ihre Eigenständigkeit. Da trifft sie an Weihnachten ein böser Schlag. Die Kinder proben gerade ein weihnachtliches Friedensfest, als die Betreuerin Wanda (Eva Dahlbeck) mit der Nachricht eintrifft: Die Polen sind über die «aufwieglerische Konditionierung» ihrer Waisenkinder in der Schweiz nicht glücklich und verlangen deren unverzügliche Heimkehr.

Besonders hart trifft es zwei Kinder, die sich eng zusammengeschlossen haben: das Waisenmädchen Anja (Krystina Bragiel), das lange in Deutschland gelebt hat, und den sensiblen Polen Andrzej (Wojtek Dolinski). Verzweifelt suchen sie ein Versteck, das sie vor dem grausamen Rücktransport bewahren könnte. Doch für Andrzej, der die Kriegsschrecken noch nicht überwunden hat, wird der Ausbruch zum Verhängnis. Ein Ostschweizer Volksfest mit Raketen und Feuerzauber weckt in ihm grässliche Erinnerungen und lässt ihn vor einem vermeintlichen deutschen Angriff fliehen. Er stürzt dabei zu Tode.

Im Frühling 1946 wurde in Trogen, Appenzell-Ausserrhoden, das Pestalozzidorf gegründet. Kriegswaisen aus ganz Europa sollten hier ein Heim finden. In diesen Tagen schon begann auch die Zürcher Produktionsfirma Praesens-Film mit der Planung eines Werkes über diese Gastkinder. Grosse Regisseure wie Zavattini, Commencini oder de Sica wurden angefragt und legten Drehbuchentwürfe vor. Sie alle aber entsprachen zu wenig den schweizerischen Gegebenheiten. So kam schliesslich einmal mehr Leopold Lindtberg zum Zuge, der eigentlich einen Dokumentarfilm über das Pestalozzidorf geplant hatte.

Was er im Spielfilm «Unser Dorf» erzählt, ist frei erfunden. Real aber ist das Dorf. Und historisch echt sind auch die Forderungen aus dem Osten. Schon im Sommer 1949 verlangte die ungarische Regierung die Rückschaffung ihrer Waisen. Und im Januar 1950 liess Polen die Kinder, die für einen Ferienaufenthalt nach Hause gekommen waren, nicht mehr ausreisen. Um sich international abzusichern, beteiligte Praesens-Film auch eine englische Firma an dem Projekt. So kam es, dass «Unser Dorf» 1953 bei seiner Uraufführung am Festival von Cannes als britische Produktion gezeigt wurde. Wenige Wochen später lief der Film, mit grossem Erfolg, auch bei den Berliner Filmfestspielen, wo er mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.

SRF hat «Unser Dorf», zusammen mit der Cinémathèque Suisse aufwändig digitalisiert beziehungsweise restauriert. SRF 1 zeigt diese Fassung von Leopold Lindtbergs letztem grossen Spielfilm anlässlich des 100. Geburtstages der Schweizer Produktionsfirma Praesens-Film, die im Jahre 1924 gegründet wurde.

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