"Ich habe kein Konzept gehabt!"
Klaus Maria Brandauer zu erleben ist stets ein besonderes Ereignis. Ob im Kino, am Theater, bei Lesungen oder im Fernsehen, wie im Liebes-Krankheitsdrama von Regisseur Nikolaus Leytners "Die Auslöschung". Ein Fernsehfilm über Liebe im fortgeschrittenen Alter, der drohenden Alzheimer-Erkrankung, dem langsamen Zerfall und der Sterbehilfe als tabuisiertes Thema.
Der TVButler traf Klaus Maria Brandauer bei der Premiere im Wiener Künstlerhauskino
Ich habe gestern den Film gesehen ...
Klaus Maria Brandauer: "Welchen?"
Na ja ... "Die Auslöschung"
Klaus Maria Brandauer: "Und?"
Ein Wahnsinn ...
Klaus Maria Brandauer: "Freut mich. Ich habe da sehr gern mitgemacht, ein besonderer Film."
Ist es mehr Liebesfilm oder doch mehr Drama?
Klaus Maria Brandauer: "Liebe. Jemand, der alles erlebt hat und noch einmal diesen Moment erleben kann – er mag sie, sie mag ihn –, es geht ihnen gut. Mehr kann man nicht wollen. Das würde Verdi, Mozart, Woody Allen, Ingmar Bergman reichen. Das Thema des Films hat so viele Facetten, wie das Leben grundsätzlich."
Kann man darauf vorbereitet sein, dass man krank wird?
Klaus Maria Brandauer: "Nein, man muss auf das Leben vorbereitet sein und da gehören Krankheit und Tod dazu. Ich sag' ihnen ein Beispiel: Wenn man bei mir zuhause, wo ich herkomme, an einem Wirtshaus vorbeigeht, und es ist eine fantastische Stimmung mit Musik, dann wissen sie in den meisten Fällen nicht, ob es eine Taufe ist, eine Hochzeit oder eine Beerdigung."
Was ist der zentrale Punkt?
Klaus Maria Brandauer: "Der Kunstprofessor hat eine Liebe (die großartige Martina Gedeck, Anm.) an der Seite, krank ist er dennoch. Er wird eines Tages den Moment erreichen, wo er von sich nichts mehr weiß. Aber gut – und das andere Thema das mitschwingt, berühre ich gar nicht, ein verborgenes Thema. Was ein Mensch oder zwei Menschen regeln können, da hilft kein Gesetz, und ich möchte es auch gar nicht regeln ... "
Wie sehen Sie den Film?
Klaus Maria Brandauer: "Dieser Film, der irgendwann zwischen den Nachrichten und einer Unterhaltungssendung hineingeklemmt ist, erfüllt eine Aufgabe. Es ist eine fabelhafte Geschichte – erzählt von Agnes Pluch und Nikolaus Leytner –, wenn man sich damit auseinandersetzt. Und wie ist es dann im Fernsehen ... wenn man etwas nicht mag, macht's klick, und wir sind am anderen Sender."
In einer Sequenz bedauern Sie ihren Werdegang vom Schluckspecht zum armen Schlucker ... Was war eigentlich schwieriger zu spielen, den Dahindriftenden oder den Lebemenschen?
Klaus Maria Brandauer: "Schauen Sie, ich habe zunächst kein Konzept gehabt für diese Rolle, das habe ich nie, außer dass mich das Thema interessiert hat. Der Rest ergibt sich dann im Laufe der Arbeit. So etwas ist ja ein längerer Prozess."
Zum Schluss lauert der Tod...
Klaus Maria Brandauer: "Es gibt kaum eine Rolle, in der ich am Ende nicht gestorben bin. Hamlet, Oberst Redl ..., ob ertrunken, erschossen, ersoffen, erschlagen. Alles ist mir widerfahren und das Tolle am Theater war, wenn's vorbei ist, kann ich mich vor dem Vorhang verneigen. Aber wenn es dann wirklich soweit ist, gibt's keine Verneigung mehr ..."
Ihr Fazit:
Klaus Maria Brandauer: "Dieser wichtige Film ist großartig geschrieben und genauso inszeniert, ich würde mich sehr freuen, wenn das viele Zuschauer genau so empfinden!"
Die große Liebe, glauben Sie daran?
Klaus Maria Brandauer: "Das ist eine sehr persönliche, private Frage. Ich bin seit 50 Jahren im Geschäft, da haben Fragen über mein Privatleben nichts verloren. Aber auch ich kenne diese ganz seltene bedingungslose Zuneigung. Und wenn einem das nach zehn oder fünfzehn Jahren wieder passiert, dann ist das wunderbar und man darf dankbar sein. Denn das Leben kommt zu uns. Die Möglichkeiten unser Leben zu bestimmen, sind sehr, sehr gering, Aber dort, wo wir diese Möglichkeiten bestimmen können, dort sollen wir zuversichtlich sein. – Merci!"