Gedanken für den Tag Mut gegen den Wahnsinn

von Michael Landau, Präsident von Caritas Europa

Wenn mich der Mut verlässt – diese Momente gibt es – dann denke ich an eine Zeile, die mich wieder durchatmen lässt. In seinem Stück „Anthem“ sagt Leonard Cohen zu Beginn den wahrhaftigen Satz: „There is a crack in everything. That’s how the light gets in.“ Dieser Satz nimmt den Wahnsinnigkeiten, den Ungerechtigkeiten und den Obszönitäten unserer Zeit zwar nicht den Schrecken. Doch er erinnert mich daran, dass die Hoffnung eben eine Quelle ist, die gerade auch im Dunkeln fließt. Und daran, dass ich nicht alleine bin. Nicht mit meinen Ängsten und Zweifeln. Aber eben auch nicht mit meinen Wünschen und Sehnsüchten. Nicht mit der Hoffnung, die ich spüre und mit anderen teilen kann. Ich bin nicht allein. Auch deshalb möchte ich für andere da sein. Ich glaube, das Wissen und Bewusstsein um unser Aufeinander-Verwiesen-Sein ist für viele Menschen ein wesentlicher Grund, warum sie sich als Freiwillige engagieren. In Fußballvereinen und Chören. In Suppenausgabestellen und nach Hochwasserkatastrophen. Warum sie Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen ausgeben, Kindern Nachhilfe geben oder im Hospiz ehrenamtlich Sitzwache halten. Wir sind nicht allein. Und wir spüren, dass das Gute zu wagen, das Leben eines anderen Menschen, aber auch das eigene Leben verändert. Denn mein Versuch, ein gelungenes Leben zu führen, ist auch Ausdruck meiner eigenen Würde. Hier wird auch jenes Koordinatensystem der Hoffnung spürbar, dass Glaube für mich meint. Glaube ist nicht zuerst Theorie, sondern Beziehung und befreiende Praxis. Weil am Ende vor allem der Versuch zählt, füreinander da zu sein und als Menschen zu leben.Ich glaube an Gerechtigkeit, an eine faire Zukunft auch für Menschen, die inschlechteren Lebensbedingungen hineingeboren wurden. Vor allem aber glaube ich an all jene Menschen, die sich für andere einsetzen. Rund um die Uhr und rund um die Welt. Diese Menschen machen das Potenzial der Anständigkeit deutlich, das in uns steckt. Der Möglichkeit nach in jeder und jedem von uns.

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