ttt - titel thesen temperamente

So, 16.06.  |  23:35-0:05  |  Das Erste
Untertitel/VT Stereo 
Themen:
* Ron Leshem - „Feuer“ - Ron Leshem über Israel, Gaza und den 7. Oktober
* Fotografin Heitmann auf den Spuren des Krieges in Russland
* „Problemista”– eine Komödie über das US- Einwanderungssystem
* Renata Flores ist Perus Queen of Quechua Rap

* Ron Leshem - „Feuer“ - Ron Leshem über Israel, Gaza und den 7. Oktober
Der 7. Oktober – ein einziger Tag, der die israelische Gesellschaft in einen kollektiven Schockzustand versetzt hat. Ein Tag, an dem kein Staat da war, um die Menschen vor dem zu schützen, was über Jahre hinweg von Terroristen geplant wurde – jeder auf sich allein gestellt, analysiert der amerikanisch-israelische Autor Ron Leshem in seinem Buch „Feuer“.

Darin zeichnet er den 7. Oktober detailliert nach – ganz bewusst aus israelischer Perspektive. In einer Chronologie der Ereignisse gibt er dem Leser direkten Einblick in die Momente des Grauens, der rohen Gewalt und die Angst der Menschen, die an jenem Tag von rund 3.000 Hamas-Terroristen vergewaltigt, verschleppt und ermordet wurden. Wie ein Live-Ticker, der sich von Stunde zu Stunde in atemberaubender Geschwindigkeit an Grausamkeit zu überbieten scheint und nur schwer zu ertragen ist.

Neun Monate nach dem Angriff scheint es aber so notwendig wie nie, sich den Fakten auszusetzen, sagt Ron Leshem. Er fragt, wie konnte all das passieren – in einem Staat, der hochmilitarisiert ist und seine vielkritisierte Politik stets mit der Abwehr von Terror und Feinden als höchstes Staatsziel begründet?

Mit einer politischen Analyse der Monate, Jahre und sogar Jahrzehnte vor dem 7. Oktober 2023 gibt Leshem Antworten darauf und zeigt dabei auch das politische Versagen der Netanjahu-Regierung, das den Anschlag und sein Ausmaß erst möglich machte. Denn ein "Überraschungsangriff", wie er dann medial geframed wurde, war das Attentat nicht, sagt Leshem.

Nach internationalen Drehbuch-Erfolgen wie der Serie „Euphoria“ und dem Film „Beaufort“ schreibt Ron Leshem ein Sachbuch, das die Ereignisse des Tages nah und greifbar macht, aber gleichzeitig auch seine persönliche Geschichte aufgreift. Denn der Journalist und ehemalige israelische Geheimdienstoffizier ist auch persönlich betroffen: Die Hamas ermordete seinen Onkel und seine Tante, verschleppte seinen Cousin als Geisel.

Scheinbar nüchtern und doch mit emotionalem Feingefühl verwebt Ron Leshem in „Feuer“ die Komplexität des seit Jahrzehnten währenden Konflikts, seine persönliche Familiengeschichte und den Tag im Oktober, der alles veränderte. Er kommt zu dem Schluss: Egal aus welcher Perspektive man auf den Konflikt blickt: Rache kann nie die Lösung sein, denn heilen kann sie nicht.

„ttt“ hat mit Ron Leshem in Boston gesprochen, wo er mittlerweile mit seinem Lebensgefährten und seiner Tochter lebt und sich mit ihm zurückbegeben, an den Tag des 7. Oktober 2023.

* Fotografin Heitmann auf den Spuren des Krieges in Russland
Die russische Regierung tut alles dafür, dass die Verluste des Krieges in der Hauptstadt unsichtbar bleiben. Die Bilder der deutschen Fotojournalistin Nanna Heitmann zeigen auch andere Bilder, ein Land, in dem die Militarisierung früh beginnt und kleine Kinder von stolzen Eltern im Panzer fotografiert werden.

Nanna Heitmann ist eines der jüngsten Mitglieder der renommierten Fotoagentur Magnum in New York. Seit 2019 lebt sie in Moskau und hat miterlebt, wie sich die Bedingungen für Menschenrechtsorganisationen und Journalisten nach und nach verschlechterten, bis oppositionelle Stimmen ganz zum Verstummen gebracht wurden. Am 24. Februar 2022 war sie durch Zufall im damals bereits russisch kontrollierten Donezk, als die Invasion in die Ukraine begann. Ihr Foto eines russischen Panzers schaffte es auf den Titel des Time-Magazine.

Seitdem sieht sie es als ihre Aufgabe, die Stimmung im Land einzufangen und vor allem die Spuren und den Tribut des Krieges sichtbar zu machen.Dafür reist sie in entlegene Regionen und dokumentiert die trauernden Familien in Dagestan und Burjatien, deren Söhne und Ehemänner in der Ukraine als Soldaten sterben, angelockt durch hohe Geldsummen und Schuldenerlasse.

Nanna Heitmann ist eine der wenigen westlichen Fotograf:innen, die heute noch in Russland arbeiten. Sie berichtet, wie sie und ihre Reporterkolleg:innen bei ihren Reisen

in Outlook/iCal importieren