Sehen statt Hören Fernsehen in Gebärdensprache

So, 16.06.  |  9:35-10:05  |  SWR
Untertitel/VT Gebärdensprache Stereo 
* Erst fremd dann vertraut - Wie interkulturelle Herausforderungen gelingen
In Deutschland leben Menschen aus aller Welt, rund ein Viertel der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund und damit eine andere Kultur. Für eine eigene Kultur braucht es nicht unbedingt eine andere Herkunft, auch Gehörlose haben ihre Sprache, Kultur und Identität. Sehen statt Hören trifft auf drei ganz unterschiedliche Konstellationen und Menschen, die mit der Herausforderung umgehen, trotz unterschiedlicher kultureller Hintergründe, Werte und Traditionen offen und tolerant den anderen gegenüber zu sein – oder zu werden.

In Deutschland leben Menschen aus aller Welt, rund ein Viertel der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund und damit eine andere Kultur. Für eine eigene Kultur braucht es nicht unbedingt eine andere Herkunft, auch Gehörlose haben ihre Sprache, Kultur und Identität. Sehen statt Hören trifft auf drei ganz unterschiedliche Konstellationen und Menschen, die mit der Herausforderung umgehen, trotz unterschiedlicher kultureller Hintergründe, Werte und Traditionen offen und tolerant den anderen gegenüber zu sein – oder zu werden.

Von den rund 83 Millionen Einwohnern in Deutschland haben fast 24 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund. Kein Wunder also, dass auch jede fünfte feste Beziehung inzwischen interkulturell ist: Moslems lieben Christen, Europäer Afrikaner und Taube Hörende. Doch der Weg zum Glück ist für interkulturelle Paare und Familien nicht immer einfach.

Ying ist in China zur Welt gekommen – im Osten des Landes. In der Stadt Changzhou hat sie eine Gehörlosenschule besucht, machte einen Hochschulabschluss – und ging 2005 als Nachrichtensprecherin in Gebärdensprache zum Fernsehen. "In China war ich die einzige Gehörlose, die das gemacht hat", erinnert sie sich. Damit war ihr ehrgeiziger Weg nicht zu Ende: Ying studierte noch einmal. An einer Uni für Hörende belegte sie den Studiengang Verwaltungsmanagement – eine harte Zeit, aber sie biss sich bis zum Bachelor-Abschluss durch. 2015 ließ sie Freunde und Familie zurück – und ging nach Deutschland.

Auch Cui stammt aus China. Als Dolmetscherin für International Sign lernte sie viele gehörlose Leute aus anderen Ländern kennen – vorrangig aus den USA und Europa. Von ihnen erfuhr sie, dass man in anderen Ländern mit Homosexualität anders umgeht als in China. Cui ist lesbisch – nicht ganz einfach in ihrer Heimat. So entschloss sie sich schließlich, ein Visum zu beantragen. Ihr Ziel: Deutschland.

Ying, Cuis Lebensgefährtin war sich von Beginn an sicher, dass sie es schaffen würde in Deutschland. "Ich hatte mir schon vor meinem Umzug viele Gedanken gemacht, mich innerlich darauf vorbereitet, dass die Gesellschaft und das Leben hier ganz anders sein werden. Das wusste ich." Wie anders es war, hat sie dann schnell gemerkt: Die Straßen sind im Gegensatz zu chinesischen Verhältnissen leer, abends schlafen alle. "Das ist definitiv anders."

Die größte Herausforderung für Ying war allerdings die Sprache. Vor allem die Grammatik der Schriftsprache. Und dann kam da noch die Deutsche Gebärdensprache hinzu. "Hier sind Gebärdensprache und Schriftsprache aber so verschieden. Wirklich zwei total verschiedene Sprachen. Satzbau, Grammatik, ganz anders. Das musste ich wirklich lernen", sagt sie. Taube Menschen, die nach Deutschland kommen, wären da klar mehr gefordert als hörende. Doch Ying hat sich durchgebissen und fühlt sich mittlerweile sicher in der Deutschen Gebärdensprache.

Vielleicht waren es diese Anfangsschwierigkeiten, die Ying dazu brachten, sich bei Shahrzad zu engagieren – einem Verein, der sich besonders um gehörlose Geflüchtete und Migrant:innen kümmert. Hier arbeitet sie ich in der Sozialberatung und gibt inzwischen Gebärdensprachkurse in DGS.

Es gibt aber auch vieles in Deutschland, das Ying positiv sieht: Hier sei man selbstbewusster, man entscheidet selbst, lebt in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit. In China gibt es bereits in der Familie eine starke Hierarchie, auch sonst passe man sich an und füge sich. Ying hat die deutschen Werte für sich übernommen – und fühlt sich nun als eine Mischung aus beiden Seiten. „Von der Ideologie her, meinen Werten, bin ich voll deutsch, selbstbewusst und demokratisch. Ich bin Teil beider Kulturen, der chinesischen und der deutschen. So fühle ich mich tatsächlich wohl und zuhause.“

Auch Cui passt sich an, hat die deutsche Kultur zu ihrer gemacht. „Aber klar, wenn ich meine Eltern wieder mal besuche, die eindeutig ihre chinesische Kultur leben, dann passe ich mich dort an. Das braucht auch Zeit“, sagt sie. „Das hat für mich

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