Sorry We Missed You Spielfilm, Belgien/Frankreich/Großbritannien 2019

Sa, 21.09.  |  23:20-0:55  |  3sat
Alltags-/Familienfilm Länge: 95 Min.

Hoch emotional, realitätsnah, von Altmeister Ken Loach. Die falschen Versprechungen in der neoliberalen Arbeitswelt des Paketdienstgewerbes, die Folgen der Selbstausbeutung für die Betroffenen und das Zusammenleben einer Familie.

All dies führt die Geschichte von Ricky (Kris Hitchen), Abby (Debbie Honeywood) und ihren beiden Kindern Seb (Rhys Stone) und Liza Jane (Katie Proctor) drastisch vor Augen. Ricky geht als angeblich selbstständiger Kurierfahrer durch die Hölle, während sich seine Frau Abby verzweifelt als Altenpflegerin abmüht. "Sorry We Missed You" spielt im nordenglischen Newcastle, erweist sich aber als universelle Geschichte über Leistungsdruck und Ausbeutung, über Pflegenotstand und Nächstenliebe, Kampfgeist und Zusammenhalt. Beim Internationalen Filmfestival von San Sebastian wurde das britisch-französisch-belgische Drama als bester europäischer Film ausgezeichnet.

Sorry we missed you: Trotz des großen Zeitdrucks bei der Paket-Auslieferung nimmt sich Ricky (Kris Hitchen) eine kurze Verschnaufpause mit seiner Tochter Liza Jane (Katie Proctor), die ihn ausnahmsweise begleitet. Bild: Sender ZDF / Joss Barratt
Sorry we missed you: Trotz des großen Zeitdrucks bei der Paket-Auslieferung nimmt sich Ricky (Kris Hitchen) eine kurze Verschnaufpause mit seiner Tochter Liza Jane (Katie Proctor), die ihn ausnahmsweise begleitet. Bild: Sender ZDF / Joss Barratt

Der Vater einer Familie macht sich als Kurierfahrer "selbständig". Mit üblen Konsequenzen für Vater, Mutter, Kinder und ihren dringend nötigen Zusammenhalt.

Ein hoch emotionales, realitätsnahes Drama von Ken Loach über die falschen Versprechungen neoliberaler Arbeitswelt im Paketdienstgewerbe und die Folgen der Selbstausbeutung für die Betroffenen und das Zusammenleben einer Familie.

Ricky, Abby und ihre beiden Kinder Seb und Liza Jane leben in Newcastle. Sie sind eine starke, liebevolle Familie, in der jeder für den anderen einsteht. Während Ricky sich mit Gelegenheitsjobs durchschlägt, arbeitet Abby mit großem Engagement als Altenpflegerin. Egal wie sehr die beiden sich jedoch anstrengen, wissen sie doch: Unter diesen Umständen werden sie niemals unabhängig sein oder ein eigenes Haus haben.

Doch dann heißt es: Jetzt oder nie! Dank der digitalen Revolution bietet sich Ricky die Gelegenheit, als angeblich selbständiger Kurierfahrer durchzustarten. Der Verdienst ist verlockend. Abby ist zunächst eher skeptisch, doch dann setzen beide alles auf eine Karte. Abby verkauft eher widerwillig ihr Auto, damit Ricky sich einen eigenen Lieferwagen leisten kann, um hohe Mietkosten zu umgehen. Die Zukunft scheint vielversprechend.

Doch der Preis für Rickys neue Tätigkeit erweist sich als wesentlich höher als gedacht. Rickys "Chef" Maloney zeigt sich als gnadenloser Antreiber. Die gemeinsam verbrachte Zeit mit der Familie wird immer weniger, und die Nerven liegen wegen allgemeiner Anspannung schneller blank – zumal der pubertierende Sohn Seb die Schule vernachlässigt und immer renitenter auf Ermahnungen reagiert. Gerade jetzt müsste die Familie enger denn je zusammenrücken. Doch dann wird Ricky zu allem Überfluss bei einer Auslieferung brutal überfallen.

Einmal mehr erweist sich Ken Loach ("Ich, Daniel Blake") als ein Meister der emotional packenden Darstellung aktueller Lebensverhältnisse im sozialen Wandel. Hier zeichnet er gemeinsam mit seinem langjährigen Drehbuchautor Paul Laverty das exemplarische Bild der neuen digitalen Ökonomie und ihrer "Errungenschaften".

Jeder kennt die Bilder abgehetzter Paketzusteller, die jede halbwegs passable Stelle zum Parken nutzen müssen, um ihre Lieferungen an die Frau oder den Mann zu bringen. Doch von den Arbeitsbedingungen und Schicksalen dahinter erfährt man in der Regel nichts. Eindringlicher als in jeder gut gemeinten theoretischen Analyse stellt Loach die Menschen vor, die unmittelbar unter den prekären Arbeitsverhältnissen leiden.

"Sorry We Missed You" erzählt eine universelle Geschichte über Leistungsdruck und Ausbeutung, über Pflegenotstand und Nächstenliebe, über Kampfgeist und Zusammenhalt - kurz: über die Themen, die aktuell europaweit die Menschen beschäftigen. Das Onlineportal "kinofenster.de" wählte "Sorry We Missed You" zum Film des Monats Februar 2020. Beim "Internationalen Filmfestival von San Sebastian" wurde er als bester europäischer Film ausgezeichnet. Im August 2023 wurde Loachs neues Werk "The Old Oak" in Locarno mit dem Publikumspreis der Piazza Grande ausgezeichnet. Dort hatte Loach 2016 bereits den gleichen Preis für "Ich, Daniel Blake" erhalten und 2003 sogar schon einen Ehrenleoparden für sein Lebenswerk, damals im Alter von 67 Jahren.



Darsteller:
Debbie Honeywood (Abby)
Katie Proctor (Liza Jane)
Kris Hitchen (Ricky)
Rhys Stone (Seb)
Ross Brewster (Maloney)
Regie: Ken Loach

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