Jungsein in der DDR Es stand ein Haus in Ost-Berlin

Mi, 06.11.  |  20:15-21:00  |  RBB
Untertitel/VT Stereo 
Das Haus der jungen Talente (HdjT) in der Klosterstraße war eine Institution in Ost-Berlin, ein Ort, den fast alle kannten. Hunderttausende sind hier über die Jahre ein- und ausgegangen. Viele wegen der Konzerte: ob Folk, Blues oder Jazz. Andere wegen der Leute, die man hier traf, wegen der Gespräche, des Weins, der Atmosphäre in den verrauchten Konzertsälen.

Viele Stars der ostdeutschen Musikszene standen auf der Bühne im großen Saal des HdJT. Manche, wie die Band Pankow um André Herzberg erlebten hier ihren Durchbruch. Ein Ort, an dem eigentlich immer etwas los war, in einem ansonsten eher langweiligen Land.

Der Film erzählt von der Geschichte des Hauses und den Geschichten seiner Besucher – DDR-Jugendkultur im Spannungsfeld zwischen Individualität und Anpassung, Offenheit und Kontrolle.

Musik spielt schon in den Jahren nach dem Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Palais Podewil eine wichtige Rolle. Wo zuvor Adlige und Staatsbedienstete residierten, spielt nun Hugo Laartz mit seinen Music Stromers zum Tanz auf. Kaum zehn Jahre später wird die Band verboten. Hugo Laartz Neugründung - die Modern Soul Band bleibt dem Haus der jungen Talente treu - trotz des großen Erfolges.
In den 70er Jahren zeigt sich das Haus offen für Experimente. Die DDR-kritische Liedermacherin Bettina Wegner initiiert eine Veranstaltungsreihe, die sowohl prominenten als auch völlig unbekannten Künstlern eine Bühne bietet, ein Ort, wo Macher und Publikum ins Gespräch kommen, in einer Offenheit, die selten ist in der DDR. Dabei ist das HdjT - finanziert und gelenkt vom Berliner Magistrat und der FDJ durchaus staatsnah.
Der Oktoberklub, Urgestein der ostdeutschen Singebewegung, organisiert von hier aus 20 Jahre lang das Festival des politischen Liedes: Riesige Propagandashow und gleichzeitig eines der größten Musikereignisse der DDR. Zehntausende strömen zu den Konzerten. Unter den Musikern, von denen viele aus dem Ausland anreisen, sind manchmal sogar echte Welt-Stars wie Mikis Theodorakis oder Miriam Makeba. Im Haus der jungen Talente trifft man sich zur After Show Party, ein Ort der Begegnung und – für ein paar Tage immerhin – Fenster zur Welt.

Rückblickend wirkt das Haus der jungen Talente wie ein Mikrokosmos, an dem sich die Entwicklungen der DDR-Jugend- und Kulturpolitik mehrerer Jahrzehnte nachvollziehen lassen. Hier spielten sich im Kleinen viele der Konflikte ab, die auch die DDR im Großen prägten. Hier gab es Punks neben FDJlern im Blauhemd, hier trafen Kritiker der DDR auf ihre Verfechter. Hier fanden sich offizielle FDJ-Veranstaltungen neben Subkultur und manchmal auch von jedem ein bisschen oder alles durcheinander.

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