Sehen statt Hören - Magazin in Gebärdensprache "Okan Kobus - Mit Gebärdensprache zum Ziel"

Sa, 03.05.  |  7:20-7:50  |  WDR
Untertitel/VT Gebärdensprache Stereo 
* Okan Kubus: Mit Gebärdensprache ans Ziel
Seit 2019 lehrt Okan Kubus Gebärdensprachdolmetschen an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Eine ungeahnte Erfolgsgeschichte. Sehen statt Hören hat Okan Kubus in Magdeburg besucht und viel über Linguistik, Bildungshunger und Selbstzweifel erfahren.

Okan Kubus wurde taub in Ankara geboren, die Eltern waren ebenfalls gehörlos.
"Ich hatte also das Glück, von Anfang an Gebärdensprache zu verwenden, wofür ich sehr dankbar bin." Mangelware waren in dieser Region damals allerdings gute Bildungsangebote für taube Menschen. So kam Okan zu den Großeltern, denn in deren Heimatstadt gab es speziellen Sprech- und Artikulationsunterricht.

Das war nur der Startschuss für eine echte Erfolgsgeschichte – und einen Zufall: 2006 ist Prof. Dr. Annette Hohenberger, damals frischgebackene Assistenz-Professorin für "Cognitive Sciences", nach Ankara an die Middle East Technical University gegangen. Und dort saß Okan in ihren Kursen. Für sie, die bereits in einem Forschungsprojekt über Gebärdensprachproduktion mitgearbeitet hatte, war Okan eine absolute Glücksbegegnung. "Ich dachte, das ist wie ein Volltreffer. Da ist ein gehörloser türkischer Studierender mit türkischer Gebärdensprache. Das war für mich eine wunderbare Fügung. Und seitdem kennen wir uns und haben zusammengearbeitet", sagt die Professorin, die heute an der Universität Osnabrück lehrt.

Und für Okan? War die Deutsche ebenfalls eine fast schicksalhafte Begegnung. Mit der Masterarbeit, die mit Annette Hohenberger entstand, wurde Okan immer neugieriger auf die Gebärdensprachlinguistik. "… mich hat das Thema unheimlich gefesselt und ich wollte mehr wissen. Es war ja meine Sprache, die ich auf einmal so wertvoll fand. Das war vorher nicht so. Hier begann also meine Leidenschaft für die Gebärdensprache." Für Okan Kubus war nun klar, dass es unbedingt Personen braucht, die sich der Gebärdensprachforschung widmen, das Gebärdensprachdolmetschen erforschen und der Frage nachgehen, was das Leben von tauben Menschen ausmacht, auch im Alltag.

Schließlich hat Okan Kubus promoviert. Das Thema klingt für Laien erst mal holzig: Beschreibungen und Erklärungen von Personen in Nebensätzen. Von dem, was Okan Kubus ausarbeitete, profitiert nun die gesamte Forschung. Prof. Dr. Christian Rathmann von der Humboldt-Universität gerät ins Schwärmen: "Das Doktorprojekt ist ein wichtiger Meilenstein im Bereich der Gebärdensprachforschung - bezüglich der Satzkonstruktionen in Gebärdensprache und den Relationen untereinander, wobei auch der Einsatz der Mimik eine Berücksichtigung findet. Und es geht hierbei nicht nur um die Untersuchung einzelner Sätze. Okan hat das viel umfassender untersucht, womit das ein wirklich großer Schritt ist.“"

Kein Wunder, dass man spätestens jetzt auf Okan Kubus aufmerksam wurde. Auch Jens Heßmann, Professor für den Studiengang Gebärdendolmetschen an der Universität Magdeburg: Er stand kurz vor der Rente – und war auf der Suche nach einer Nachfolge. Seine Wunschnachfolge: Okan Kubus. Das ist mittlerweile drei Jahre her – und Okan ist Teil des Kollegiums. Ein wenig Zeit brauche es aber schon noch, bis hier ein selbstverständliches und barrierefreies Miteinander geben wird.

"Ich versuche immer mit Dolmetscherinnen zu agieren, damit ein gutes Verhältnis und ein Zusammenwachsen entstehen. Dafür braucht es Zeit. Ich erlebe aber mein Kollegium als sehr offen, das auch gerne mit mir zusammenarbeitet. Dennoch gibt es auch Barrieren, wie bei allen anderen tauben Menschen. Einfach mal so auf dem Flur ein Gespräch führen, geht nicht; oder gemeinsam ins Restaurant gehen und sich entspannt unterhalten."
Okan Kubus

Zusammenwachsen, zum Ganzen gehören – für Okan Kubus ist das vielleicht noch etwas komplizierter. Okan ist ein ungewöhnlicher Mensch. Laut Okan hängt das mit verschiedenen Sachen zusammen: mit Taubsein, mit Nichtdeutschsein, mit der Gender-Identität. Okan möchte ohne Pronomen angesprochen werden – also ohne "er" oder "sie".

"… ich wünsche mir Respekt vor meiner Gender-Identität. Natürlich ist das noch nicht überall so verbreitet, aber egal, ich zeige mich, wie ich bin. So sollen andere ein Bewusstsein dafür bekommen, wie sie mich richtig anreden und welche Pronomen sie benutzen können. Innerhalb des Kollegiums habe ich davon no

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