Punkt eins Über Suizid sprechen
Mi, 26.03. | 13:00-13:55 | Ö1
Am 26. März beginnt am Landesgericht Wels der Prozess gegen einen 61-jährigen Deutschen, der die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr massiv bedroht haben soll. Im November 2021 hatte die Medizinerin erstmals Anzeige erstattet, im Sommer 2022 ihre Ordination aus Sicherheitsgründen geschlossen. Am 29. Juli 2022 hat sie Suizid begangen. Die Medienberichterstattung war umfangreich und auch im Vorfeld des Prozesses ist das mediale Interesse groß. Wie unterstützen wir Menschen bei der Bewältigung suizidaler Krisen? Welche Rolle spielen alte wie neue Medien dabei und was weiß man aus der Suizidpräventionsforschung? Hilfe im Krisenfall: Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es [https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/betroffene/krisentelefonnummern.html/|Anlaufstellen], die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.Sie erreichen kostenlos und rund um die Uhr aus ganz Österreich: [http://www.telefonseelsorge.at/|Telefonseelsorge] 142[https://www.rataufdraht.at/|Rat auf Draht] 147 2023 starben in Österreich 1.212 Personen durch Suizid, etwa dreimal so viele wie im Straßenverkehr. Suizide sind nach Unfällen die zweithäufigste Todesursache bei jungen Menschen. Auch wenn Medienberichte es manchmal so darstellen mögen: Die Gruppe der suizidgefährdeten Menschen ist äußerst heterogen und es gibt nie nur eine einzige Ursache – eine suizidale Krise ist ein vielschichtiges und komplexes Geschehen, sagt Thomas Niederkrotenthaler Suizidforscher am Zentrum für Public Health der MedUni Wien, und betont: eine suizidale Krise lässt sich überwinden und bewältigen. Über Suizidgedanken zu sprechen, ist ein erster und zentraler Schritt, sagt der Präventionsforscher, der u.a. die Guidelines der WHO zum Umgang mit Suizid in den Medien leitend mitgeschrieben hat. Öffentliche Berichte über das Suizidgeschehen können großen Einfluss haben. Medienwirkungsforschung – in traditionellen wie neuen Medien – zählt zu den Schwerpunkten der Forschung von Thomas Niederkrotenthaler, mit der er erst vor gut zwei Wochen Schlagzeilen gemacht hat: Wenn in Medien Menschen erzählen, wie sie ihre suizidale Krise bewältigt haben, kann das eine präventive Wirkung auf Menschen in ähnlichen Situationen haben – „Papageno-Effekt“ genannt. Und diesen konnte der Forscher mit seinem Team jüngst auch für Posts in „social-media“-Netzwerken nachweisen.Mit dem Sommersemester 2025 wird ein Schulprojekt an österreichischen Mittelschulen umgesetzt, das Thomas Niederkrotenthaler mit seinem Team erarbeitet hat und wissenschaftlich evaluiert: „Lesen für die psychische Gesundheit“ oder kurz: „Meine Eule“ lehrt Jugendliche auf der Basis von „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“, Bewältigungsfähigkeiten und den Umgang mit Krisen. Die Autorin J.K. Rowling hat in dem Roman verarbeitet, wie sie ihre Depressionen mit Hilfe von kognitiver Verhaltenstherapie überwinden konnte. Wie kann man das Gespräch suchen, was sind Warnsignale und Risikofaktoren, welche Vorurteile stehen der Suizidprävention im Weg und welche Bewältigungsmöglichkeiten gibt es? Thomas Niederkrotenthaler ist zu Gast bei Barbara Zeithammer und unsere Hörerinnen und Hörer sind wie immer herzlich eingeladen, sich an dem Gespräch zu beteiligen: Sie erreichen uns unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at
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